Goethezeit: Sturm und Drang, Klassik und Romantik
Die Goethezeit erstreckt sich auf den Zeitraum von 1770 bis 1830. Wie der Name schon andeutet stammt der Begriff Goethezeit von dem bekannten Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Sein Einfluss auf die Literatur prägte nicht nur die Deutsche Litaturgeschichte. Auch die Musik und Kunst wurden beeinflusst.
Die Goethezeit beinhaltete streng genommen drei Epochen: Den Sturm und Drang, die Klassik und die Romantik. Welchen Umbruch die Literatur während dieser Epochen erlebte, zeigen wir euch in folgendem Artikel auf.
Zeitraum: ca. 1770-1830
Historische Ereignisse während der Goethezeit:
- Französische Revolution
- Die Einführung des Code civil 1804 durch Napoleon Bonaparte trennt Religion und Staat. Der Code erklärt alle Männer vor dem Gesetz gleich. Ermöglicht eine freie Berufswahl. Schützt das Privateigentum. Macht Aufzeichnungen über Geburt und Tod verpflichtend und baut die juristische Grundlage für eine Marktwirtschaft.
- Gründung des Rheinbundes 1806 und die damit verbundene Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen.
- Wiener Kongress 1814-1815: Der deutsche Bund wird gegründet. Staaten werden wieder neu geordnet.
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Goethezeit: Sturm und Drang und die Literatur
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Der leidenschaftliche Protagonist ist heute noch ein beliebtes Motiv in Literatur und Film. Mittel Kraft und Liebe kann er Berge versetzen. Entsprungen ist der Charakter in der Goethezeit während des Sturm und Drang zwischen 1765 und 1785. Die damaligen Autoren waren sich darüber einig, dass der Klerus und der Adel genug Schaden in der Gesellschaft angerichtet hatten. Neben der Grundidee der Menschenrechte, der Gleichheit und des Fortschritt wurde die Empfindsamkeit zum zentralen Thema der Literatur.
Junge Autoren der Goethezeit stellten den Ansatz der Aufklärung in Frage. Sie bemängelten, dass die Literatur als etwas handwerklich angesehen wurde. Es herrschte die Meinunen, dass Literatur erlernt oder verbessert werden könnte. Stattdessen waren die jungen Autoren der Meinung, dass der natürliche Mensch einen anzustrebenden Maßstab darstellt, der zu einer besseren Aufklärung führen würde.
Die Stürmer und Dränger suchten nach neuen Formen um dieser genialen Natürlichkeit und Individualität gerecht zu werden. Was sie fanden waren Briefromane, Tagebücher und Autobiographien. Ihre Texte orientierten sich an der gesprochenen Sprache. Mit Ausrufen, Satzunterbrechungen und Selbstkorrekturen nahmen Goethe und Co. Abstand von künstlich kreierter Sprache, die sich einem Metrum oder einem anderen Maßstab unterwirft. Der Drang nach Freiheit von aller Fremdeinwirkung und Willkür stand im Vordergrund. Von Menschen erstellte Regeln wurden stark infrage gestellt. Die Menschen sahen sich nicht mehr als nur ein Individuum im mechanischen Raum, sondern als Glied einer riesigen Kette, verbunden mit Natur und Weltall (Pantheismus).
Nicht alle stimmten mit diesen Ansichten überein. Für einige Autoren waren das Weltbild und dessen Ausführung der Stürmer und Dränger zu naiv. Für andere war die starre kalte Rationalität der Aufklärer zu herzlos. Das Scheitern der französischen Revolution führte dann endgültig zu einer Hinterfragung des Bestehenden und dem immer größer werdenden Verlangen des Wertekonflikts. Die Emotionen scheiterten an fehlender Rationalität, und die Rationalität scheiterte an ihren fehlenden Emotionen.
Goethezeit: Übergang vom Sturm und Drang zur Klassik
So ging Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik (ca. 1786-1805). Goethe und Schiller (und natürlich die anderen Autoren) suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei. Gemeinsam mit vielen weiteren Autoren fanden sie dieses universell Gültige bei den Vorbildern der Antike. Mythische und antike Geschichten, wie die von Iphigenie oder auch des griechischen Tyrannen Polykrates, sollten den Leser zu humanistischen Werten erziehen. Gemeinschaftliche Harmonie, Toleranz und Vernunft waren die tragenden Säulen, die es aufzubauen galt. Dies wurde mit Personen versucht, die beherzt und intelligent mit den daraus resultierenden Problemen umgingen.
Der Autor in der Klassik wendete sich von den egoistischen Bestrebungen der Stürmer und Dränger ab, gestand ihnen aber ihre Gefühle zu. Zumindest solange bis sie diese nicht als Handlungsgrundlage betrachteten. Er wendete sich ebenso von einer blinden Verfolgung der Aufklärung ab. Der Autor in der Klassik betrachtete die Leitgedanken der Stürmer und Dränger dennoch weiterhin als wichtig. Das Individuum sollte zu einer „schöne Seele“ werden. Die Intention: mit seinem Streben und Erkennen nach zeitlos positiven Maßstäben und Werten die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit vorantreiben.
Die Vorstellung des Fortschritts hin zu einer idealen Gesellschaft gestaltete sich nicht mehr durch radikale Umbrüche (z. B. durch den Sturz von Herrschern). Dieser Fortschritt sollte durch die Bildung eines jeden einzelnen Menschen erfolgen. Je höher diese gebildet waren, so glaubte man, umso eher käme man einem dem aufklärerischen Idealen entsprechendem Staat näher.
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Goethezeit: Übergang von der Klassik zur Romantik
Aber auch hier änderten sich irgendwann die Meinungen und die Epoche Romantik (ca. 1795-1840) entstand. Heutzutage ist die Bedeutung von Romantik zu einer engeren geworden, man verbindet mit ihr Liebesbeziehungen, Liebesbriefe, Valentinstage, Kerzenscheine und nette Gesten aller Art. Doch wie auch der Begriff der Epik damals etwas anderes bedeutet hat, so verhält es sich auch hier. Romantik bedeutete für die Schreiber alles Wunderbare, Abenteuerliche, Exotische, Sinnliche, Schaurige und die Flucht von der modernen Gesellschaft hin zu dem ursprünglich Natürlichen.
Man wendete sich ebenso von der Antike, ihrer Historie und ihren Mythen ab. Ihren Platz nahm nun ein neues Bewusstsein um das deutsche Volkslied, deutsche Sagen und deutsche Märchen ein. In Werken wie Der goldne Topf von E.T.A. Hoffmann oder Ludwig Tiecks dramatische Ausarbeitung zu Der gestiefelte Kater kommen erstmalig verstärkt phantastische Elemente vor. Zauber, Magie und Wunder gepaart mit ausschweifenden Landschaftsbeschreibungen sollten dem Leser die Natur auf eine völlig neue Art und Weise entdecken lassen.
Die Nacht wurde zu einem der wichtigsten Gegenstände der Romantik. Man sah sie als Hort des Geheimnisvollen an. Ein Ort, an dem Traum und Realität verschmolzen. Ein Ort an dem sich die eigenen Gedanken hingeben werden konnte. Die Nacht stand stark im Kontrast zum hellen Tag, an dem immer wieder durch den Alltagstrott und der Trubel der Städte scheinbar keine innere Ruhe zugelassen wurde. Einige Autoren der Zeit schrieben nachts und erhofften sich in einen Zustand zwischen Wachheit und Schlaf zu kommen, um simultan ihre Träume aufzuschreiben.
Goethezeit: Fazit Sturm und Drang, Klassik und Romantik
Alle drei Epochen werden in der Literaturwissenschaft gerne zur Goethezeit zusammengefasst. Das ist nicht ganz unumstritten, da die Zeit schließlich nicht nur von Goethe geprägt worden ist und die Merkmale der einzelnen Zeitabschnitte voneinander abgrenzbar scheinen. Dennoch war er zu jedem Abschnitt eine der präsentesten Figuren in der Literatur. Die Grenzen zwischen Sturm und Drang, Klassik und Romantik verschwimmen, je öfter sich mit der Materie auseinander gesetzt wird. Man kann hier also nur von Tendenzen reden, DAS Werk der Romantik oder der Klassik gibt es nicht. Vielmehr sind alle Elemente in ihnen vereint, nur treten einige offensichtlich und stärker, andere wiederum weniger in den Vordergrund.
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Übersicht wichtiger Literatur in der Goethezeit
- Johann Wolfgang von Goethe:
Die Leiden des jungen Werther (1774), Der Erlkönig (1782), Wilhelm Meisters
Lehrjahre (1795/1796), Faust. Eine Tragödie (1808) - Johann Gottfried Herder:
Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (1784-1791) - E. T. A. Hoffmann:
Der Sandmann (1816), Lebensansichten des Katers Murr (1819/1821) - Friedrich Hölderlin:
Hyperion (1797) - Heinrich von Kleist:
Das Käthchen von Heilbronn (1807-1808), Penthesilea (1808), Michael Kohlhaas (1810) - Sophie von La Roche:
Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771) - Novalis:
Hymnen an die Nacht (1800), Heinrich von Ofterdingen (1802) - Friedrich Schiller:
Die Räuber (1781), Kabale und Liebe (1784), Wilhelm Tell (1804) - Ludwig Tieck:
Der gestiefelte Kater (1797), Der blonde Eckbert (1797)
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