Verwandtschaftsanalyse
Mit der Verwandtschaftsanalyse misst man den Grad der Verwandschaft zu anderen Individuen, Populationen oder Arten. In der Verwandschaftsanalyse kommen neben morphologischen und verhaltensbiologischen Aspekten vor allem molekularbiologische Methoden zum Einsatz. Drei dieser Methoden zur Bestimmung des Grades der Verwandschaft stellen wir euch in diesem Artikel vor:
Vergleich der Aminosäuresequenz von Proteinen
Die Funktion von Proteinen hängt sehr stark mit der Raumstruktur zusammen, die wiederum von der Aminosäuresequenz der Polypeptidkette abhängt. Geht man bei allen Lebewesen von einem einzigen, gemeinsamen Vorfahren aus, so sollten sich die Aminosäuresequenzen der gleichen Proteine auch bei unterschiedlichen Arten sehr ähneln. Je näher die Organismen miteinander verwandt sind, desto weniger Unterschiede sollte die Aminosäuresequenz haben, da Veränderungen auf Mutationen zurückgehen. Die Wahrscheinlichkeit und damit die Häufigkeit von Mutationen steigt mit der Zeit. Daher unterscheiden sich die Proteine von weniger nah verwandten Arten mehr als die von nah Verwandten. Typische Proteine, bei denen sich ein Vergleich der Aminosäuresequenzen anbietet, sind zum Beispiel die Moleküle des Hormons Insulin oder das Cytochrom c. Beides sind Proteine, deren biokatalytische Wirkung trotz eines Austausches mehrerer Aminosäuren nicht verloren geht.
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Vergleich von Serumproteinen: Präzipitintest
Neben dem Vergleich der Aminosäurensequenz von Proteinen kann der Präzipitintest für eine Verwandtschaftsanalyse zwischen zwei Arten genutzt werden. Dazu wird z.B. einem Kaninchen etwas menschliches Blutserum gespritzt. Blutserum ist der flüssige Bestandteil von Blut, der übrig bleibt, wenn man die festen Bestandteile durch Zentrifugieren herausgefiltert hat. Das Immunsystem des Kaninchens entwickelt nach der Aufnahme des menschlichen Blutserums Antikörper gegen dieses. Entnimmt man dann dem Kaninchen nach einiger Zeit etwas Blut, zentrifugiert dieses und sondert die festen Blutbestandteile heraus, erhält man ein Blutserum, in welchem sehr viele Antikörper gegen das menschliche Blutserum enthalten sind. Mischt man nun dieses Antikörper-Serum mit menschlichem Blut, wird die Mischung eine hundertprozentige Ausfällung aufweisen, da alle menschlichen Proteine verklumpen. Diese Reaktion wird Präzipitinreaktion genannt. Wird das Antikörper-Serum mit dem Blut von anderen Arten gemischt, zum Beispiel dem Blut von einem Schimpansen, wird das Gemisch ebenfalls eine hohe Ausfällung aufweisen, die jedoch nicht ganz 100% beträgt, da nicht alle vorhandenen Proteine die gleichen sind, wie bei Menschen. Je höher die Ausfällung bei einer Mischung des Antikörper-Serums mit einer zu testenden Art ist, desto näher sind beide Arten miteinander verwandt.
Vergleich der DNA-Sequenz: DNA-Hybridisierung
Auch mithilfe der DNA-Hybridisierung kann eine Verwandtschaftsanalyse durchgeführt werden. Dazu werden zunächst ausgewählte DNA-Abschnitte von zwei miteinander zu vergleichenden Arten selektiert, fragmentiert und gereinigt. Anschließend werden beide Abschnitte getrennt voneinander erhitzt, sodass die Wasserstoffbrücken zwischen den Strängen aufbrechen und die komplementären Stränge getrennt werden. Bringt man diese Stränge nun zusammen und lässt sie langsam abkühlen, so lagern sich auch die artfremden Stränge an homologen Sequenzen aneinander und bilden sogenannte Hybrid-Doppelstränge. Je mehr gleiche Sequenzen auf den Strängen vorhanden sind, desto mehr Wasserstoffbrücken werden dabei gebildet. In einem nächsten Schritt erhitzt man diese Hybrid-Doppelstränge erneut. Die Temperatur, die benötigt wird, um diese Stränge wieder voneinander zu trennen, muss umso höher sein, je mehr Wasserstoffbrücken gebildet worden sind, also je mehr Sequenzen auf den ursprünglichen Strängen übereinstimmen.
Die DNA-Hybridisierung kannst du dir hier nochmal in Ruhe per Lernvideo erklären lassen!