Der Sandmann (E.T.A Hoffmann) – Zusammenfassung
Der Sandmann wurde im Jahr 1816 von Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann erstveröffentlicht und erzählt die Geschichte von Nathanael, der sich vom Sandmann aus seiner Kindheit verfolgt fühlt.
Während seiner Kindheit begegnet Nathanael dem Sandmann, der scheinbar seinen Vater getötet hat. Jahre später taucht der Wetterglashändler Coppola in Nathanaels Leben auf. Seine Ähnlichkeit zum Sandmann lässt Nathanael in den Wahnsinn stürzen. Was genau mit Nathanael passieren wird, welche Charaktere miteinander verknüpft sind und wie sich das Werk zeitgeschichtlich einordnen lässt könnt ihr im folgenden Artikel nachlesen.
Themen auf dieser Seite
- Inhaltsangabe Der Sandmann
- Übersicht wichtiger Charaktere
- Personenkonstellation Der Sandmann
- Zeitgeschichtliche Einordnung
- E.T.A. Hoffmann
- Hinweise zum Artikel
Inhaltsangabe Der Sandmann
E.T.A Hoffmanns romantische Erzählung „Der Sandmann“ spiegelt einen zentralen Konflikt seiner Epoche: Es geht um den Widerstreit von Vernunft, Fantasie, Rationalität und Imagination.
Die Erzählung beginnt mit drei Briefen, die dem folgenden Bericht des eigentlichen Ich-Erzählers vorangestellt sind. Im ersten Brief schreibt der Protagonist der Erzählung, der junge, künstlerisch begabte Student Nathanael an seinen Ziehbruder Lothar. In diesem berichtet er von der seltsamen Begegnung mit einem Wetterglashändler Coppola, die ihn in starke seelische Unruhe versetzt habe. Diese könne der geschätzte Lothar nur nachvollziehen, wenn man über ein traumatisches Kindheitserlebnis Nathanaels informiert sei. Genau hiervon berichtet der Student nun:
Als Kind sei er, Nathanael, von seiner Mutter regelmäßig mit der Drohung ins Bett geschickt worden, dass der Sandmann schon auf dem Wege sei. Eines Abends habe er zum wiederholten Male seltsame Geräusche vernommen, für die er keine Erklärung habe. Daher habe er sich heimlich im Zimmer seines Vaters versteckt, weil er – motiviert durch kindliche Neugier – habe herausbekommen wollen, was sich hinter der angeblichen Märchenfigur des Sandmanns verberge. Tatsächlich habe er den der Familie verhassten Advokaten (Anwalt) Coppelius als eben diesen Sandmann entlarven können. Dieser habe offensichtlich alchemistische Experimente mit seinem eingeschüchterten Vater vorgenommen. Coppelius habe ihn jedoch entdeckt und ihm mit dem gewaltsamen Entfernen der Augen gedroht. Heute, viele Jahre später, habe er eben jenen verhassten Coppelius wieder getroffen. Er trage nun den ähnlichen Namen Coppola.
Dem ersten Brief Nathanaels schließt sich – ebenfalls in Briefform – die Antwort Claras, seiner Verlobten, an. Diese hat den eigentlich an ihren Bruder adressierten Brief fälschlicherweise erhalten und gelesen. Sie versucht, Nathaniel die Angst zu nehmen, indem sie für das Kindheitserlebnis eine rationale Erklärung gibt: Die Gefahr, die von dem Sandmann ausgehe, sei bloß eingebildet und eine logische Folge psychischer Prozesse. In der Realität gebe es eine solche Figur, die von außen auf Nathanael in böswilliger Absicht einwirke, nicht. Daher könne er sich beruhigen.
Im weiteren Verlauf werden die Geschehnisse nun von einem Ich-Erzähler dargestellt, der sich als Freund des Protagonisten bezeichnet. Er berichtet, wie Nathanaels Glaube an die Wirksamkeit dunkler Mächte nach und nach zunimmt. Nathanael leidet offensichtlich unter einer Art Verfolgungswahn. Diese ihn und sein Leben bestimmende Ängste versucht ihm seine Verlobte Clara zu nehmen, was nicht gelingt. Im Gegenteil: Ein von Nathanael mit großer Inbrunst vorgetragenes Gedicht, das die gewaltsame Zerstörung seiner Liebe zu Clara zum Inhalt hat, führt zu einem großen Streit, der jedoch am Ende wieder aufgelöst werden kann, sodass Nathanael glücklich an seinen Studienort zurückkehrt.
Dort angekommen, wird er ein weiteres Mal vom Wetterglashändler Coppola aufgesucht. Dieser verkauft ihm ein kleines Taschenfernrohr, das Nathanael dazu nutzt, einen heimlichen Blick auf die sagenumwobene Tochter seines Professors Spalanzani zu werden. Das der Gesellschaft vorenthaltene Mädchen namens Olimpia wohnt in einem Zimmer, das Nathanael von seiner Studentenbude aus im Blick hat. Er beobachtet sie immer häufiger durch sein Fernrohr und verliebt sich in die unbekannte Schöne – Eine Einladung zum Hausball des Professors kommt da wie gerufen.
Nathanael besucht den Ball und wird bei einem zufälligen Besuch in Spalanzanis Zimmer Augenzeuge eines unerhörten Vorgangs: Der Wetterglashändler Coppola ist zu Gast und streitet sich auf grobe Art und Weise mit dem Hausherrn um Olimpia. Die beiden Kämpfen um das Mädchen und zerstören es gewaltsam. Nathanael muss erkennen, dass seine große Liebe in Wirklichkeit nur eine Automatenpuppe ist. Diese schockierenden Eindrücke sind zu viel für die sensible Künstlerseele: Der junge Mann wird wahnsinnig und stürzt sich in mörderischer Absicht auf Spalanzani, der jedoch entkommen kann.
Nathanael wird in eine Nervenklinik gebracht und wacht nach längerer Krankheit scheinbar geheilt in Claras Armen auf. Doch dieser Schein trügt: Bei einem Ausflug mit der glücklichen Clara auf einen Aussichtsturm erleidet Nathanael einen gravierenden Rückschlag.
Als er in der sich unter dem Turm versammelnden Menschenmenge den verhassten Advokaten Coppelius erblickt, stürzt er sich vom Turm und stirbt.
(Auszug aus dem 1. Kapitel aus EinFach Deutsch… verstehen: E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann, erschienen im Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH)
Übersicht wichtiger Charaktere
Nathanael
- Hauptfigur der Erzählung
- ist ein junger Student
- sieht sich als Dichter und Maler
- gibt Sandmann schuld an Vaters Tod
- hält Coppola für den Sandmann
- Trauma aus der Kindheit kommt hervor
- Wahnsinn holt ihn am Ende des Werkes ein, worauf er sich in den Tod stürzt
Clara
- Verlobte von Nathanael
- ist selbstbewusst und glaubt an Vernunft
- versucht Nathanael rational zur Vernunft zu bringen
- steht mit ihren Werten für die Epoche der Aufklärung
Der Wetterglashändler Coppola
- vermeintlicher Mörder von Nathanaels Vater
- taucht ohne Vorwarnung als Wetterglashändler bei Nathanael auf
- Auslöser für Nathanaels Rückfall in vergangene Emotionen
- wird von Nathanael in der Menschenmenge unter dem Turm entdeckt, worauf sich Nathanael in den Tod stürzt
(Auszug des Kapitels „Der Blick auf die Figuren: Die Personencharakterisierung“ aus EinFach Deutsch… verstehen: E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann, erschienen im Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH)
Personenkonstellation
(Auszug des Kapitels „Die Personenkonstellation“ aus EinFach Deutsch… verstehen: E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann, erschienen im Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH)
Zeitgeschichtliche Einordnung
In der Literaturgeschichte wird die Zeit von etwa 1790 bis 1835 als Romantik bezeichnet. Die geläufige Unterscheidung in Früh-, Hoch-, und Spätromantik sowie die Jenaer und Heidelberger Romantik dient dem Zweck, in die Vielfalt und Heterogenität der literarisch-künstlerischen Werken Ordnung und Struktur zu bringen.
Die wesentlichen künstlerischen Strömungen der Romantik sind nur vor dem Hintergrund der Klassik (ca. 1786 – 1832) und der Aufklärung zu verstehen. Die enge Verwandtschaft mit der Klassik lässt sich schon allein dadurch erahnen, dass sich die Romantik mit ihr zeitlich überschneidet.
Goethe als klassischer Autor des Romans „Wilhelm Meister“ wurde anfangs von vielen romantischen Autoren geschätzt, auch die Ich-Zentriertheit und Emotionalität des Goethe’schen Stürmers und Drängers Werther begeistern und inspirierten romantische Dichter. Auch Hoffmanns Nathanael ist dem Werther in seiner radikalen Emotionalität und Sensibilität durchaus ähnlich.
Die Epoche der Aufklärung (etwas 1720 – 1785) hingegen diente vielen Romantikern eher als Negativfolie. Diese behauptete den Vorrang der Vernunft vor dem Gefühl und betonte zugleich die Mündigkeit des Menschen, der ein selbstverantwortliches Leben führen kann.
Man glaubte also daran, dass man mithilfe der dem Menschen eigenen Vernunft die Dinge der Außenwelt durchdringen, verstehen und auf diese Weise beherrschen kann. Den aufklärerischen Gedanken formuliert in Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“ vor allem die Figur Clara. Sie erklärt die Ängste und Vorstellungswelten ihres Verlobten Nathanael allein rational. Wenn Nathanael intensiv genug nachdenke, würde er auch erkennen, dass es den gefürchteten Sandmann bloß in seinem Inneren gäbe. Hat er als vernünftiger Mensch dies erst einmal erkannt, dann ist die Gefahr auch schon gebannt und löst sich in Luft auf.
Haben wir Clara als typische romantische Figur der Erzählung erkannt, so wird schnell deutlich, dass Nathanael selbst als typischer Romantiker ihre Gegenfigur darstellt: Er dichtet, er malt und mithilfe seiner Kunst will er sein Gemüt und seine Lebenswelt erweitern. Dass dieser Plan nicht aufgeht, steht auf einem anderen Blatt und weist darauf hin, dass es kaum möglich ist, E.T.A. Hoffmann dem aufklärerischen oder dem romantischen Lager zuzuschreiben.
(Auszug des Kapitels „Hintergründe“ aus EinFach Deutsch… verstehen: E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann, erschienen im Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH)
Kurzbiographie E.T.A. Hoffmann
- voller Name: Ernst Theodor Amadeus Hoffmann
- geboren: 24. Januar 1776
- von Beruf Beamter & Künstler
- berühmte Werke: Der Goldne Topf, Don Juan, Der Sandmann uvm.
- schrieb auch musikalische Werke
- starb am 25.06.1822 in Berlin
Hinweise zum Artikel
Dieser Artikel ist eine deutlich gekürzte Fassung. Eine umfangreiche und weitaus detailliertere Analyse zum Werk „Der Sandmann“ findet ihr hier. In der Lektürenhilfe findet ihr weitere Hintergründe zu allen Kapitel, Eigenschaften von Charakteren und viel nützliches Wissen!