Sachurteil und Werturteil – Bewertung von Quellen
In der dritten Aufgabe eurer Geschichte Abiturprüfung müsst ihr ein Sachurteil und ein Werturteil zu einer Quelle abgeben. Je gründlicher ihr die ersten beiden Aufgaben bearbeitet habt, desto weniger Schwierigkeiten werdet ihr bei der Bearbeitung der dritten Aufgabe bekommen, da es nun darum geht, die Ergebnisse der Analyse zu beurteilen.
Beachte:
Während die ersten beiden Aufgabestellungen sich von Klausur zu Klausur nicht groß verändern, hängt die Gestaltung des Schlussteils maßgeblich von der Formulierung der Aufgabenstellung ab. Lest diese also besonders gründlich!
In den meisten Fällen wird hier von euch gefordert, dass ihr die Quelle vor dem Hintergrund des historischen Kontextes ‚beurteilt‘ oder ‚bewertet‘.
Hier kommen also wieder die sogenannten Operatoren ins Spiel, denn hier verlangt der Lehrer von euch nicht einfach nur eine Meinung, sondern eine präzise begründete Argumentation. Schauen wir uns hierzu also in unserem NRW-Wörterbuch Deutsch – Lehrer, Lehrer – Deutsch noch einmal diejenigen Operatoren an, mit denen ihr am wahrscheinlichsten zu rechnen haben werdet:
interpretieren
Sinnzusammenhänge aus Quellen erschließen und eine begründete Stellungnahme abgeben, die auf einer Analyse, Erläuterung und Bewertung beruht.
beurteilen
Den Stellenwert historischer Sachverhalte in einem Zusammenhang bestimmen, um ohne persönlichen Wertebezug zu einem begründeten Sachurteil zu gelangen.
bewerten
Wie Operator „beurteilen“, aber zusätzlich mit Offenlegen und Begründen eigener Wertmaßstäbe, die Pluralität einschließen und zu einem Werturteil führen, das auf den Wertvorstellungen des Grundgesetzes basiert.*
*Zitiert nach: Operatorenübersicht, https://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/cms/zentralabitur-gost/faecher/getfile.php?file=3946, abgerufen am 13.2.2018.
Bei der Benotung eurer Prüfung wird der Lehrer also ganz genau darauf achten, ob in eurer Antwort die Kriterien, die in den Operatoren genannt werden, erfüllt sind. Es ergibt also Sinn, wenn ihr euch die Unterschiede zwischen den Operatoren einprägt, um im Ernstfall nicht an der Fragestellung vorbei zu antworten.
Sehr häufig wird von euch die Bewertung einer Quelle verlangt. Bei der Bearbeitung der dritten Aufgabe müsst ihr also zwischen zwei Formen von Urteilen unterschieden: Dem ‚Sachurteil‘ und dem ‚Werturteil‘. Ihr müsst beide Urteilsformen aufeinander aufbauend, aber getrennt voneinander in den Schlussteil einfließen lassen. Dies ist wichtig, denn beiden Urteilen liegen unterschiedliche Maßstäbe zu Grunde.
Während ein Sachurteil auf prinzipiell sachlich (daher der Name) überprüfbaren Kriterien beruht, basierend Werturteile auf euren persönlichen normativen, also ethisch-moralischen Wertvorstellungen. Kurz gefasst: Ein Sachurteil wird auf inhaltliche Richtigkeit geprüft und sollte bei allen Prüflingen zumindest ähnlich lauten. Ein Werturteil ist äußerst individuell und wird auf innere Stringenz hin überprüft. Hier nochmal konzentriert:
Sachurteil:
Ereignisse, die im Inhalt der Quelle genannt werden oder in ihrem historischen Kontext einzuordnen sind, werden hinsichtlich ihrer Bedeutung in einen begründeten Zusammenhang gestellt.
Werturteil:
Anhand des Sachurteils wird die Quelle hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Relevanz für ihre Zeit und für die Gegenwart bewertet. Auch eure eigene Meinung soll unter Offenlegung eurer Wertmaßstäbe zu einer persönlichen Stellungnahme der Quelle formuliert werden.
Es geht also, und dass ist extrem wichtig, nicht einfach nur um eure Meinung. Beide Urteilsformen müssen neben den oben genannten eigenen Kriterien auch gemeinsame Gütekriterien erfüllen, damit ihr damit vor den Augen eures Lehrers bestehen könnt. Sie müssen transparent, sachlich und logisch korrekt, überzeugend und verständlich und auf die ursprüngliche Aufgabenstellung rückbezogen sein.
Wichtig:
Legt also die Kriterien und Wertmaßstäbe, nach denen ihr urteilt, offen, schweift nicht vom Thema ab und zeigt, dass ihr euch mit der Frage des Lehrers auseinandergesetzt habt.
Ihr beginnt mit dem Sachurteil. Hierbei bezieht ihr euch sowohl auf die Quelle als auch auf ihren historischen Kontext und setzt die Bedeutung der verschiedenen historischen Ereignisse in einen begründeten Zusammenhang. Die folgenden Dinge können euch dabei helfen:
- Schaut euch noch einmal den historischen Kontext an. Besonders die Ereignisse, die zeitlich nach der Quelle liegen, können Aufschluss darüber geben, ob die Quelle Auswirkungen auf die Folgezeit hatte.
- Vielleicht kennt ihr Texte von Historikern, die sich ebenfalls mit der Quelle beschäftigt haben. In diesem Fall könnt ihr deren Urteil in eure eigene Argumentation mit einbeziehen, um es zu unterstützen oder zu widerlegen.
Danach folgt das Werturteil: Durch den zuvor begründeten Zusammenhang der dargestellten Ereignisse könnt ihr die Quelle hinsichtlich ihrer historischen Bedeutung und ihrer Relevanz für die heutige Zeit bewerten. Stellt euch dazu folgende Fragen:
- Wie glaubwürdig ist die Quelle für damalige Verhältnisse?
- Kann der Urheber der Quelle seine Absichten überzeugend vermitteln, auch im Hinblick auf die Zeit nach der Quelle?
- Ist die Quelle auch aus heutiger Sicht noch relevant.
Außerdem dürft ihr hier auch eure eigene Meinung einfließen lassen und Stellung zur Quelle nehmen. Dabei müsst ihr folgendes beachten (auch wenn wir uns hier erneut wiederholen):
Tipp:
Legt die Wertmaßstäbe, auf denen euer Urteil beruht, offen. Reflektiert euer Urteil. Vergesst nicht, deutlich zu machen, dass es sich bei eurer Argumentation um eure eigenen Thesen und Schlussfolgerungen handelt. Einfach nur zu schreiben „Meiner Meinung nach…“ reicht nicht.
Sonderfälle
In seltenen Fällen kann die Aufgabenstellung der Klausur auch von dem in den letzten Kapiteln vorgestellten Schema der Quellenanalyse abweichen. Sollte ein solcher Fall eintreten, haltet euch genau an die gegebene Aufgabenstellung! Möglicherweise werden euch auch zwei Quellen zur Bearbeitung gegeben, die ihr miteinander vergleichen sollt. In der Regel handelt es sich dabei um Quellen, die im gleichen Kontext veröffentlicht wurden und die sich inhaltlich mit dem gleichen Thema beschäftigen.
Während der Kubakrise im Kalten Krieg 1962 gab es einen Briefwechsel zwischen dem US-Präsidenten John F. Kennedy und dem Regierungschef der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow. Jeder dieser Briefe kann als eigenständige Quelle in Bezug auf das gleiche Thema bewertet werden.
Auch in diesem Fall werdet ihr drei Aufgaben gestellt bekommen, die in ähnlicher Weise bearbeitet werden müssen wie bei einer normalen Quellenanalyse.
- Analysieren Sie die vorliegenden Quellen.
- Stellen sie beide Quellen in einen gemeinsamen historischen Kontext.
- Vergleichen Sie die Quellen miteinander und bewerten Sie sie vor
dem Hintergrund ihrer historischen Relevanz
Bei der Bearbeitung der ersten Aufgabe geht ihr genauso vor wie bei einer normalen Quellenanalyse, nur dass ihr beide Quellen einzeln nacheinander analysiert. Die Quellen werden natürlich etwas kürzer sein als es bei einer normalen Quellenanalyse der Fall ist, damit ihr keine Zeitprobleme bekommt.
Bei der zweiten Aufgabe beschreibt ihr den historischen Kontext, in den ihr beide Quellen einordnet. Dadurch werden auch die Bezüge der beiden Quellen zueinander deutlich, und es lassen sich politische Positionen oder ähnliches erkennen.
Die dritte Aufgabe gibt vor, dass ihr die beiden Quellen vor dem Hintergrund des historischen Kontextes miteinander vergleichen und bewerten sollt. Auch hier müsst ihr Sachurteile und Werturteile erstellen. Greift die Inhalte der Quellen noch einmal kurz auf und erklärt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede.