Auf unserem Schülerblog berichten Schüler aus ganz Deutschland in Gastbeiträgen über Ihre Erfahrungen mit Schule und Lernen. In unserem zweiten Artikel berichtet uns heute Latinesca (https://www.instagram.com/latinesca/) über ihren Weg vom Lateinlooser zur baldigen Lateinstudentin.
„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.”
„Ich stand in Latein auch mal zwischen 4 und 5!“ – wenn ich anderen Leuten diese Tatsache mitteile, werde ich oft zunächst ungläubig angestarrt. Nach dem Motto: „Wie? DU, schlecht in LATEIN? Deiner Leidenschaft?“
Ja. Ich war lange Zeit schlecht in dem Fach, was ich heute als einer meiner größten Passionen bezeichnen würde. Doch der Weg von 4 zu 15 Punkten war alles andere als leicht. Ich möchte euch in diesem Beitrag über meinen Weg erzählen und euch Mut zusprechen. Denn: Wo auch ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.
Die erste Zeit auf dem Gymnasium
Damals, als es darum ging, zu entscheiden, auf welches Gymnasium ich kommen sollte, kam uns eine Schule in den Sinn, die alte Sprachen anbietet, sprich Latein und Altgriechisch verpflichtend. Meine Schule bietet Latein-Schnupperkurse an, sodass ich am Tag der offenen Tür einen solchen Kurs besuchte. Ich war hin und weg von der lateinischen Sprache und wollte sie unbedingt erlernen. Ich wusste Monate später noch die Vokabeln und konnte es kaum erwarten.
Nun, ich wurde also am besagten Gymnasium angenommen. Meine erste Lateinnote war eine Zwei; zwei Arbeiten später war es eine 4-. Im Text hatte ich immer eine 4, 5 oder 6 – der B-Teil hat mich immer irgendwie auf eine 4 gerettet. Mündlich sah es allerdings nicht viel besser aus. Immer so 3-4. Eigentlich gar nicht so schlecht…bis ich in die siebte Klasse kam. Ich bekam massig Fünen und Sechsen, meine Faulheit hatte ganz generell einen noch nie dagewesenen Tiefpunkt erreicht.
So kam es, dass sich meine damalige Lehrerin mit meinen Eltern zusammensetzte, um meinen momentanen Leistungsstand zu besprechen. Dieser sah nicht sonderlich rosig aus, weshalb ich zu Hause erstmal angemeckert wurde und meine Eltern sagten: „Wenn Du so weitermachst, nehmen wir dich von der Schule!“ Ihr seht: Ich mache jetzt mein Abitur an dieser Schule, mit Latein als Prüfungsfach und 15 Punkten im Zeugnis bei einer Lehrerin, die eine recht strenge Bewertung der Leistungen vornimmt. Wie ich das geschafft habe?
Der Wendepunkt
In der achten Klasse bekam ich einen Lehrer, der einem die Grammatik ins Hirn geprügelt hat. Er hatte mich etwas auf dem Kieker. Ich musste viele Referate halten. Letztlich konnte ich die Grammatik dann…aber anwenden konnte ich sie immer noch nicht. So war ich in den Arbeiten immer noch katastrophal…so katastrophal, dass ich mich über eine Drei gefreut habe!
Jedenfalls bekam ich in der neunten Klasse wieder eine neue Lehrkraft. Wir begannen, Ovid zu lesen und ich fand das unglaublich spannend. Blöd nur, wenn man nichts versteht 😀
Im Unterricht klappte es scheinbar recht gut mit dem Übersetzen, nur in den Arbeiten nicht. Zack – A-Teil 5, B-Teil 2, gesamt 4. Mündlich 1. Mich hat das dann so genervt, dass ich Ovid nicht verstanden habe. Ich konnte die metrisch analysieren, nur ohne zu verstehen, was ich da überhaupt analysiere, macht das Ganze noch weniger Spaß.
Ich stellte also auf der Ratgeberplattform gutefrae.net eine Frage, die vom Inhalt her erfragte, wie man sich im Übersetzen verbessern kann. Ich war wirklich verzweifelt…
…bis sich dann jemand meldete und fragte, welche Texte wir bereits gelesen hätten. Ich listete ihr die Texte auf und wir kamen privat ins Gespräch. So kam das Eine zum Anderen und ich hatte plötzlich eine Nachhilfelehrerin. Und das nur über Telefon und E-Mail! Ja, das klappt tatsächlich. Wir haben drei Mal pro Woche je ein bis zwei Stunden Nachhilfe gemacht. Wir haben viele Texte gelesen und Grammatik gemacht. Ein ganzes Jahr lang.
Bereits in der zweiten Klassenarbeit hatte ich plötzlich eine 2-. Ich konnte es kaum fassen, dass ich im A-Teil eine Drei hatte! EINE DREI!!! So ging das weiter, sodass ich sogar in Tests Einsen schrieb und in der dritten Klassenarbeit hatte ich das für mich Krasseste überhaupt geschafft: Eine 1- in der Klassenarbeit. Ich. Diejenige, die von Latein keine Peilung hat! Wir haben die Nachhilfe bis zum Ende des Jahres fortgesetzt, ab Klasse 10 hatten wir nur noch so Kontakt ohne Nachhilfe. Ich kämpfte allein weiter, meine Noten wurden erst wieder etwas schlechter, aber insgesamt schaffte ich es auf eine stabile Zwei.
Am Ende der zehnten Klasse standen die LK-Wahlen an. Mein Lateinlehrer meinte, ich solle unbedingt Latein als Leistungskurs wählen, aber zu diesem Zeitpunkt kam das überhaupt nicht in Frage. Ich gehöre nicht in den Latein-LK, dachte ich mir…ich habe mir das schlichtweg nicht zugetraut. Ich fühlte mich einfach noch nicht bereit dafür. So kam ich also in den Latein-GK.
Die Oberstufe – der letzte Schritt zum Erfolg
Als ich in den Grundkurs kam, stellte sich sehr schnell heraus, dass er mich komplett unterfordert. Mittlerweile habe ich begonnen, Nachhilfe zu erteilen, sodass ich in den Formen mehr als drin war. In der Klausur habe ich allerdings etwas geschludert und 11P bekommen, sodass es gesamt auf 14 Punkte hinauslief. Es sprach sich schnell im Kollegium herum, dass ich sehr gut in Latein sei, da mein Griechischlehrer (der von meinen Lateinkenntnissen eigentlich keine Ahnung hat) mich plötzlich fragte, warum ich nicht im Latein LK säße…
Im zweiten Semester habe ich die beste Lateinlehrerin der Schule bekommen. Mir war allerdings auch klar, dass sie echt etwas erwartet für den sehr guten Notenbereich. Gedanklich hatte ich mich schon komplett von einer sehr guten Note verabschiedet, weil ich auch das Thema ganz schrecklich fand. Ich habe mich im zweiten Semester ziemlich hängen lassen, dennoch bekam ich 12 Punkte – und war damit Kursbeste. Zum ersten Mal im Leben die Beste in Latein – das Gefühl kannte ich bis dahin nicht wirklich.
Als ich in das dritte Semester kam, kam wieder Ovid dran. Mein Lieblingsthema. Mittlerweile hatte ich mich an die Lehrerin gewöhnt, da saß sie plötzlich nur hinten und ließ eine Referendarin unterrichten. Ich strengte mich wirklich an. Ich hatte immer alle Hausaufgaben mit Zusatzaufgaben, setzte mich freiwillig mit der lateinischen Sprache auseinander, arbeitete immer komplett konzentriert mit und schrieb auch meine Tests sehr gut. Nur habe ich ab und an mal einen kleinen Fehler gemacht, was besagte Referendarin daran hinderte, mir 15 Punkte zu geben. Ich war die einzige im Kurs, die wirklich mitgemacht hat, ich war laut ihrer Aussage Kursbeste und wenn sie wirklich enttäuscht ist, dass ich aufgrund eines Wettbewerbs der Examensstunde nicht beiwohnen kann, dann muss das was heißen…jedenfalls habe ich wieder mit 14 Punkten gerechnet. Die letzten Wochen unterrichtete allerdings meine eigentliche Lateinlehrerin und sie war auch diejenige, die die Noten eintrug.
Dann gab es etwa drei Wochen später Zeugnisse und ich habe fast geheult, als ich die Note gesehen habe. Ich habe meinen Traum erreicht: 15 Punkte in LATEIN. Und dieser Traum ging weiter, als ich mir im vierten Semester erneut 15 Punkte abholte. Mit 4 Notenpunkten Abstand zum Zweitbesten des Kurses. Wirklich: Damit meine Lateinlehrerin jemandem 15 Punkte gibt – so mein Gefühl –, muss man ein Lateingott sein. Ich habe mich WIRKLICH angestrengt, noch mehr als in Q3. Sie hat für dieses Semester sogar die „16 Punkte“ eingeführt, die es vorher nie gab. Obwohl ich Philosophie echt öde fand, habe ich in Q4 wirklich gezeigt, was man erreichen kann, wenn man sich anstrengt. Denn 15 Punkte heißen „Perfekt“. Und ich glaube, ehe sie jemanden perfekt findet, muss echt was geschehen. Ich glaube, sie hat gemerkt, wie sehr ich für meine Lieblingssprache brenne und ich bin ihr so dankbar, das glaubt ihr gar nicht. Meine alte Lateinlehrerin hat natürlich auch davon Wind bekommen und freut sich tierisch J
Nun habe ich mein Lateinabi geschrieben. Nein, es werden keine 15 Punkte, aber ich kann mit Sicherheit sagen: Es wäre ohne meine Ambitionen die letzten vier Jahre niemals möglich gewesen, ein solch gutes Abitur in Latein abzulegen. Und wisst ihr was? Ich will Latein sogar studieren. Ja, ihr lest richtig! Ich habe Latein so sehr lieben gelernt, dass ich es nun studieren möchte. Mein Graecum habe ich auch mit 15 Punkten absolviert – da steckt auch Arbeit hinter. Aber in Griechisch habe ich nicht denselben Fehler wie in Latein begangen, weil ich mir der Folgen bewusst war. Einem tollen Lateinstudium steht nichts mehr im Wege!
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!
Ihr müsst an euch selbst glauben. Wenn euch irgendwer erzählen sollte, ihr schafft das nicht, dann schenkt dieser Person keinen Glauben. Glauben kann Berge versetzen – ich denke, meine Geschichte ist das beste Beispiel dafür, dass man etwas erreichen kann, wenn man es wirklich will. Ja, der Weg ist lang und hart – aber glaubt mir, er lohnt sich immer! Man muss manchmal Rückschläge einstecken. Ich war nach der Nachhilfe auch keine geborene Lateingöttin, sondern habe auch hin und wieder mal schlechte Noten in Latein geschrieben. Wichtig ist aber, dass man sich davon nicht einschüchtern lässt. Dass man sich sagt: „Jetzt aber erst recht!“
Diese Einstellung ist durchaus schwierig, aber vielleicht hilft euch meine Geschichte, eure Ziele intensiver zu verfolgen. Es muss ja nicht Latein sein! Wenn ihr zum Beispiel in Mathe Schwierigkeiten habt, arbeitet daran.
Mein Rezept war quasi folgendes:
Analysieren, wo genau die Probleme liegen
Gezielt Hilfe suchen – und das sollte von euch selbst, nicht von euren Eltern initiiert werden! Wenn eure Eltern euch drängen, dann wird das meist nicht besser. Meine Eltern sind jedes Mal ausgerastet. Sie haben aber recht schnell gemerkt, dass sie damit keinen Erfolg haben und es gelassen. Sie haben nämlich eher bewirkt, dass ich ihnen nichts mehr erzähle – weder aus meinem schulischen noch aus meinem privaten Leben. Meine Eltern wussten erst gar nichts von der Nachhilfe.
Auch, wenn ihr meint, keine Nachhilfe mehr zu brauchen, bleibt selbst am Ball. Ihr müsst es wirklich wollen! Ihr werdet vermutlich recht schnell Rückschläge erfahren. Schaut auch da, wo genau eure Fehler lagen und behebt diese.
Fragt im Unterricht und meldet euch einfach! Es klingt schwierig, aber ich melde mich auch, so oft es geht. Man wird schnell selbstsicherer und generell sicherer, wenn man Erfolge erlebt. Also lasst keine Chance ungenutzt!
Üben, üben, üben – auch, wenn ihr gut seid. Ich übe regelmäßig das Übersetzen und die Formen sowie die Vokabeln – sei es dadurch, dass ich Nachhilfe gebe oder dadurch, dass ich privat viel Latein mache.
Mit Lehrern sprechen. Teilt ihnen mit, wo eure Probleme liegen oder erfragt vom Lehrer, wo er eure Schwächen sieht, wenn ihr nicht zur Selbstreflexion in der Lage seid. Das ist gar nicht schlimm! Wichtig ist, dass ihr den Mut besitzt, aktiv etwas an der momentanen Situation zu ändern. Geht das eurem Lehrer zu verstehen, damit er auch selbst entsprechend darauf eingehen kann, bspw. durch Tipps, häufigeres Rannehmen etc.; als ich meiner Lateinlehrerin erzählt habe, dass ich unbedingt Latein studieren möchte, hat sie mich bei den Stilübungen (Übersetzung von Deutsch nach Latein) oder bei sehr schwierigen, grammatischen Fragen drangenommen. So konnte ich einerseits mein Wissen zeigen und andererseits hat meine Lehrerin auf mich Rücksicht genommen!
Immer wieder vor Augen führen, was euer Ziel ist. Ich habe mir immer wieder klargemacht, was ich will: Weg von den Vierern, Fünfern und Sechsern in Latein. Damals hätte mir eine Zwei vollkommen gereicht – so habe ich mich langsam, aber sicher zu einer Note hinaufgearbeitet, von er ich früher nicht mal geträumt hätte. Glaubt fest daran!
Gebt niemals auf. Aufgeben zeigt Schwäche – aber immer wieder aufstehen kann euch nur stärker machen! Mit diesem Beitrag möchte ich euch zeigen, was machbar ist. Und ich bin mir sicher: Das könnt ihr auch. Kämpft, auch wenn andere euch am Boden sehen wollen.
„Es kommt nicht drauf an, wie weit man gekommen ist, sondern ob man weitergemacht hat, obwohl man lieber aufgegeben hätte.“
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